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Der deutsche Überfall auf Polen und der polnische Widerstand

Am 01. September 1939 begann mit dem „Fall Weiß” der Zweite Weltkrieg. Der deutsche Überfall auf Polen im Herbst 1939 (in Polen als Septemberfeldzug [Kampania wrześniowa] oder Verteidigungskrieg von 1939 [Wojna obronna 1939 roku] bezeichnet) setzte die polnische Bevölkerung auch abseits der Kampfhandlungen einem hohen Maß an Terror aus. Die deutsche Luftwaffe griff offene Städte an, in denen sich kein polnisches Militär befand, Krankenhäuser wurden bombardiert, Tiefflieger schossen gezielt auf Flüchtlingskolonnen. Im September 1939 betrugen die polnischen Verluste 66.000 Tote, 200.000 Verwundete und fast 700.000 Gefangene. Dabei fielen bereits im September 1939 weit über 10.000 polnische Zivilisten und Kriegsgefangene den Massenmorden von Polizeiformationen, paramilitärischen Einheiten und Heeresteilen zum Opfer. Die deutschen Verluste lagen bei 10.500 Toten und 30.200 Verwundeten. Hier gibt es allerdings in verschiedenen Quellen unterschiedliche Zahlenangaben, die bis zu 90.000 Gefallenen gehen.


(Abb.: Buchtitel „Luftsieg über Polen“, Sonderschrift über den Krieg gegen Polen, herausgegeben vom Oberkommando der Wehrmacht, Berlin, 1940, Quelle: Deutsches Historisches Museum, Berlin)



Im Projektraum fanden in dieser Phase keine kriegsentscheidenden Kämpfe statt. Polnische Truppen, die sich nach Rumänien zurückziehen wollten, wurden in den Schlachten um Lwów (Lviv) und Rawa Ruska aufgerieben. Mit der Niederlage des größten Teils der übrigen polnischen Streitkräfte in der Schlacht bei Lublin am 23. September endete der organisierte Widerstand der polnischen Armee. Die polnische Regierung war am 18. September 1939 nach Rumänien und dann weiter nach Paris geflohen. Nach der deutschen Besetzung der Stadt emigrierte sie nach London. Von hier aus beeinflusste sie in den folgenden Kriegsjahren den Widerstand in Polen und den polnischen Untergrundstaat als Koordinator des militärischen und zivilen Widerstandes.

Unmittelbar nach der Niederlage Polens bildeten sich im gesamten Land spontan Widerstandsgruppen. Um der Gefahr einer organisierten Widerstandsbewegung und eines allgemeinen polnischen Aufstandes vor zu beugen, führte die nationalsozialistische deutsche Führung die „Außerordentliche Befriedungsaktion“ (AB-Aktion) durch. Das unmittelbare Ziel war die Tötung polnischer Führungseliten, die diesen Widerstand hätten organisieren können. Die langfristige Absicht bestand in der Zerstörung der polnischen Nation und der „Germanisierung“ des ehemaligen polnischen Staatsgebietes. Bis Ende 1939 wurden in diesem Rahmen etwa 60.000 Polen ermordet.

In der Folgezeit strukturierten sich drei polnische Widerstandsbewegungen, die sich z.T. auch gegenseitig bekämpften, deren gemeinsames Ziel jedoch die Befreiung des Landes von der deutschen Besatzungsmacht war:

Die Armia Krajowa (AK, dt. Heimatarmee) als die größte militärische Widerstandsorganisation. Sie unterstand dem polnischen Untergrundstaat bzw. der polnischen Exilregierung in London,

die Narodowe Siły Zbrojne (NSZ, dt. Nationale Streitkräfte) als rechtsgerichtete Untergrundorganisation, die sowohl gegen die deutschen Besatzer und später die Sowjetunion als auch gegen die polnischen Kommunisten kämpfte,

die kommunistische Untergrundorganisation Armia Ludowa (AL, dt. Volksarmee, ursprünglich Gwardia Ludowa [Volksgarde]), aus der nach Kriegsende die Streitkräfte der Volksrepublik Polen entwickelt wurden.

Auf Seiten der deutschen Besatzer handelten

der „Volksdeutsche Selbstschutz“ als paramilitärische Organisation, die aus Angehörigen der deutschen Bevölkerungsgruppe gebildet wurde, den lokalen SS- und Polizeiführern im besetzten Polen unterstellt war und als Hilfspolizei auch zur Ermordung Zehntausender Polen und zur Verfolgung und Vernichtung der Juden eingesetzt wurden,

die polnischen „Szmalcowniki“ (dt. Schmalzownik) welche gegen Bezahlung versteckte Juden ausfindig machten, sie und ihre polnischen Beschützer erpressten und/oder an die Deutschen verrieten,

die „Blaue Polizei“. Das waren von Deutschland aufgestellte polnische Polizeieinheiten, die nach dem 17. Dezember 1939 aus Mitgliedern der Vorkriegspolizei Polens auf Befehl des Generalgouverneurs Hans Frank gebildet wurden. Diese Polizisten, deren Zahl etwa 10.000 betrug, wurden als Hilfspolizei bei der Bekämpfung der Kriminalität und des Schwarzhandels eingesetzt. Sie mussten aber auch bei Razzien zur Ergreifung von Zwangsarbeitern und bei Deportationen von jüdischen Polen in die deutschen Konzentrationslager mitwirken.

Am 26. Oktober 1939 wurde das zur Zweiten Polnischen Republik gehörende Galizien Teil des Generalgouvernements, das an diesem Tag als „deutsches Nebenland“ geschaffen wurde.


In der öffentlichen „Erinnerungslandschaft“ des ehemaligen Westgalizien ist heute in Denkmälern und Gedenksteinen vor allem die Armia Krajowa präsent. Ursprünglich wurde die AK bereits im September 1939 als Służba Zwycięstwu Polski (Dienst für den Sieg Polens) gegründet. Schon im Dezember desselben Jahres wurde dieser in Związek Walki Zbrojnej (Verband für den bewaffneten Kampf) umbenannt, aus dem dann im Februar 1942 die AK hervorging. Sie hatte eine Zusammenarbeit mit der Polnischen Arbeiterpartei und deren Widerstandsorganisation Armia Ludowa stets abgelehnt. Nach dem erfolgreichen Vormarsch der Roten Armee kam es jedoch öfter zu gemeinsamen Aktionen mit sowjetisch beeinflussten Aktionsgruppen und Armeeeinheiten. Nach Kriegsende wurden die Kämpfer der Armia Krajowa vom NKWD entwaffnet, ihre Führer erschossen oder deportiert. Reste der Armia Krajowa kämpften als „Verstoßene Soldaten“ (poln. Żołnierze wyklęci) bis in die sechziger Jahre in den Wäldern gegen die sozialistische Volksrepublik. Bis 1989 galt die Armia Krajowa als konterrevolutionäre Organisation und wurde öffentlich nicht gewürdigt.

So wurde z.B. in Przemyśl erst 2009 ein Gedenkstein für die Widerstandskämpfer der Armia Krajowa von 1939 bis 1945 errichtet.



Auf dem Friedhof in Jarosław sind die vier ersten Jarosławer Opfer der UB beerdigt. Sie wurden am 27. Oktober 1944 ermordet und waren Mitglieder der Armia Krajowa. Die UB (Urząd Bezpieczeństwa, später: Ministerstwo Bezpieczeństwa Publicznego [MBP] - Ministerium für Öffentliche Sicherheit) war eines der größten und mächtigsten Sicherheitsorgane im kommunistischen Polen der Nachkriegszeit.



An die Kriegshandlungen im September 1939 erinnern im Projektraum vor allem Ehrenfriedhöfe und Massengräber. Einige Beispiele dafür sind:

In vier Massengräbern auf dem Friedhof von Przeworsk liegen polnische Soldaten begraben, die im Zweiten Weltkrieg in der Woiwodschaft Poznań gefallen sind. Die Inschrift lautet: „Sie waren treu ihrem Heimatland und starben im Kampf um Polens Unabhängigkeit“.
Die Provinz Posen (Woiwodschaft Poznań war nach dem Wiener Kongress an Preußen gefallen, von den 2,1 Millionen Einwohnern um 1910 sprachen jedoch knapp zwei Drittel polnisch als Muttersprache und die polnischen Nationalbewegungen waren in diesem Gebiet sehr gut organisiert. Schon nach der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg kam es schnell zu polnischen Aufständen und bis auf klar mehrheitlich deutschsprachige Randgebiete wurde der Großteil der Provinz 1919 bzw. 1920 ohne Volksabstimmungen dem neu gegründeten polnischen Staat zugesprochen.
Das nationalsozialistische Deutschland annektierte nach dem Polenfeldzug die Woiwodschaft Poznań und bildete in Anlehnung an die vormalige preußische Provinz, jedoch unter Einbeziehung weiterer polnischer Gebiete, den Reichsgau Wartheland mit Posen als Hauptstadt. Hier fanden die Kämpfe statt, die die polnischen Soldaten, die auf dem Friedhof Przeworsk beerdigt sind, das Leben kostete.
1945 ging das gesamte Gebiet der ehemaligen Provinz Posen an Polen. Die deutsche Minderheit war geflohen oder wurde vertrieben.



Ein symbolisches Grab wurde für alle polnischen Soldaten der Region Łancut errichtet, die im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. Es erinnert zudem an die Mitglieder der polnischen Widerstandsbewegungen, die in Konzentrationslagern und bei Massenexekutionen hingerichtet wurden. Es wurde 1986 errichtet.



Am 9./10. September 1939 wurde die Stadt Łancut im Zuge des Polenfeldzuges von der Deutschen Wehrmacht besetzt. Es gab heftige Straßenkämpfe zwischen den polnischen Mitgliedern der im September gegründeten Służba Zwycięstwu Polski (Dienst für den Sieg Polens) und den Besatzern, die von den Deutschen jedoch innerhalb weniger Stunden nieder geschlagen wurden.
Im 1984 errichteten Sammelgrab liegen die polnischen Soldaten und 22 zivile Opfer dieser Gefechte begraben.



In einem Sammelgrab auf dem Friedhof von Łancut sind die polnischen Mitglieder der im September 1939 gegründeten Służba Zwycięstwu Polski (Dienst für den Sieg Polens) beerdigt, die 1939 nach der Besetzung der Stadt Łancut durch die Deutschen am 9. und 10. September bei Angriffen auf die Besatzer ums Leben kamen.



Ebenfalls in Łancut sind 12 Mitglieder der Armia Krajowa beerdigt, die aus der Region Łancut stammen und zwischen 1942 und 1945 im „Kampf gegen die deutschen Angreifer“ gefallen sind.



In Jarosław befinden sich die Gräber von acht polnischen Soldaten, die im September 1939 von den deutschen Besatzern erschossen wurden (Bild oben), sowie vier weitere Grabstellen, in denen unbekannte polnische Soldaten liegen, die ebenfalls im September 1939 ums Leben gekommen sind (Bild unten) Alle vier fielen bei Gefechten im September 1939. Auf ihren Grabsteinen steht: „Sie starben für Polen“.



In einem Grab auf dem Friedhof in Przeworsk sind elf Zivilisten beerdigt, die am 7. September 1939 beim deutschen Bombardement auf die Zuckerfabrik der Stadt ums Leben gekommen sind.

Przeworsk war seit dem Ersten Weltkrieg mehrmals Ziel von Bombenangriffen, da sich hier ein Eisenbahn-Knotenpunkt und wichtige Fabrikanlagen befanden.

Am 14. Juni 1915 hatten russische Truppen von Lublin aus im Rahmen der spektakulären Muromez-Attacke große Teile von Przeworsk, so auch die Eisenbahnverbindung, die Zuckerfabrik, Brücken und Verwaltungsgebäude zerstört. Die Stadt gehörte damals zur k.u.k.Monarchie und war Opfer eines der ersten Luftangriffe der Kriegsgeschichte geworden. Die Preußen halfen beim Wiederaufbau der Ruinen.

1939 - 24 Jahre später attackierte die Deutsche Wehrmacht im Rahmen des Polenfeldzuges mit einem Luftangriff dieselben Ziele in der Stadt. Schließlich fand am 25. Juli 1944 um 13.30 Uhr im Rahmen der Frantic-3-Operation zwischen Deutschen und Amerikanern der dritte Luftangriff auf die gleichen Ziele statt.



Nach den Teilungen Polens wurde das Benediktinerinnen-Kloster in Jarosław ab 1772 unter österreichischer Herrschaft geschlossen. Es wurde fortan als Armeehauptquartier der österreichischen Truppen genutzt, während des Ersten Weltkrieges stark zerstört und in der Zwischenkriegszeit wieder aufgebaut. Während des Zweiten Weltkriegs diente es als Gestapo-Hauptquartier. Die deutschen Besatzer richteten hier ein Gefängnis und eine Hinrichtungsstätte ein. In der Kapelle des Klosters war ein Büro untergebracht.

Vor dem Rückzug gegen Ende des Krieges hat die Gestapo versucht, diesen Gebäudeteil und die darin lagernden Dokumente zu sprengen. Da jedoch neben anderen Chemikalien auch viel Karbid in dem Gewölbe lagerte und gleichzeitig keine Frischluftzufuhr erfolgte, kam es zu keiner Explosion, sondern zur Entwicklung einer sehr hohen Temperatur, die die Ziegeldecke der Kapelle schmelzen ließ und in ein schwarzes Gewölbe formte.

Nach dem Krieg wurde das Kloster bis 1991 als Ingenieursschule genutzt und dazu teilweise saniert. Da die Gewölbekeller der Lagerung von Kohle dienten, wurden die schwarze Decke in ihrem Zustand belassen und lediglich die Wände getüncht. So konnte sie bis in die Gegenwart erhalten werden. Heute wird sie wieder von den Benediktinerinnen als Andachtsraum genutzt und ist eine bekannte touristische Sehenswürdigkeit.



In dem von den Deutschen besetzten Kloster befand sich auch ein Gefängnis. Auf dem Gelände des Klosters fanden bis 1942 Massenerschießungen polnischer politischer Gefangener statt. War das Gefängnis überfüllt, wurden die Insassen in ein Konzentrationslager deportiert, waren nur wenige Menschen inhaftiert, wurden diese in kleinen Gruppen im Hof exekutiert und auf der Wiese zwischen Kirche und Klostermauer verscharrt.

Nach dem Krieg wurden die Knochen der Toten ausgegraben und gemeinsam mit anderen Opfern aus der Region Jarosław in einem Massengrab an der Klostermauer beerdigt. Eine Gedenkstätte erinnert heute an diese über 1.000 Opfer der deutschen Besatzer.



Auf dem Friedhof in Rzeszów befinden sich die Gräber von zehn polnischen Zivilisten, die von den deutschen Besatzern ermordet wurden.



In Jarosław befindet sich ein Grab, in dem acht polnische Zivilisten beerdigt sind, die am 11. September 1939, einen Tag nach dem Einmarsch der deutschen Truppen, in der Stadt ums Leben gekommen sind. Auf der zugehörigen Gedenktafel steht: „Sie starben einen tragischen Tod“ und sind offenbar bei der teilweisen Gegenwehr der städtischen Bevölkerung gegen die Besatzer getötet worden.